Ryan Olsen kam als kanadischer Import-Spieler zur Saison 2020/21 nach Kassel. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten konnte er schlussendlich dann doch spielerisch überzeugen und erzielte in 44 Hauptrundenspielen 26 Tore und 22 Assists. Zwar brachte ihn seine durchaus körperliche Spielweise auch 54 Strafminuten ein, als unfairer Spieler fiel er jedoch nicht auf.
In den anschließenden Playoffs legte er dann nochmal zu: 10 mal stand er für Kassel auf dem Eis, erzielte 6 Tore selbst und steuerte bei 9 einen Assist bei. Allerdings waren da auch zwei Fouls in der Serie gegen Bietigheim, die deutlich über das erlaubte Maß hinausgingen. Für das zweite, vielleicht eigentlich etwas weniger dramatische als das erste, wurde er dann auch für ein Spiel gesperrt.
Nach dem verlorenen Playoff-Finale ging Olsen zurück über den großen Teich, spielte für Stockton Heat und Kansas City Mavericks, bevor er dann zur Saison 2022/23 wieder in Deutschland auftauchte: bei den Löwen Frankfurt. Hier bekam er nicht nur im Laufe der Saison die deutsche Staatsbürgerschaft, sondern auch eine Reihe an Sperren, die fast historische Ausmaße annahm:
Nachdem Olsen bereits eine Verwarnung erhalten hatte, bekam er nach einer unfairen Aktion gegen Nürnbergs Blake Parlett (bei der er auch mächtig einstecken musste) 2 Spiele Sperre. Ein Strafmaß, das durchaus angemessen war.
Gut einen Monat später gab es 5 Spiele Sperre für eine Aktion gegen Ingolstadts Frederik Storm, nachdem Olsen ihn im Gewühl vor dem Tor von hinten umriss. Die Höhe der Strafe resultierte insbesondere aus der Tatsache, dass Olsen als Wiederholungstäter galt. Sie wurde aber durchaus kontrovers diskutiert. Eine Szene wie diese kann relativ häufig beobachtet werden und bleibt oftmals gänzlich ohne Strafe. Insofern mehrten sich auch die Beschwerden aus Frankfurt über das vermeintlich ungerechte Strafmaß.
Kurz vor Jahresende 2022 checkte Olsen dann Augsburgs Niklas Länger derart heftig in die Bande, dass dieser mehrere Spiele verletzt pausieren musste. Als mehrfachen Wiederholungstäter erwartete Olsen eine 7 Spiele andauernde Sperre sowie eine Geldstrafe. Obwohl in Frankfurt noch kurz vorher der einjährige Todestag des Jugendspielers Niclas Kaus betrauert wurde, der nach einem Bandencheck verstarb, sammelten Fans und Sponsoren Geld für die Ableistung der Geldstrafe. Und Olsen? Fiel insbesondere durch eine geschmacklose Instagram-Story auf, in der er seinem Gegenspieler quasi die Schuld für die Verletzung zusprach.
Nach Ablauf der Sperre schien es trotzdem, als hätte Olsen aus seinen Fehlern gelernt. Er konzentrierte sich auf das Sportliche und konnte nun auch in Frankfurt zeigen, dass er auch Eishockey spielen kann. Zum Abschluss der Hauptrunde standen nach 39 DEL-Spielen immerhin 9 Tore und 6 Assists zu Buche.
Doch im ersten Playoff-Achtelfinale gegen die Düsseldorfer EG leistete sich Olsen einen erneuten Aussetzer, der ihn auch die letzten Sympathien in der Mainmetropole kosteten: Nach einem Stockstich gegen Victor Svensson kassierte er 10 Spiele Sperre. Und ließ es sich dem Vernehmen nach anschließend auch im VIP-Raum der Löwen so gut gehen, dass diese ihren Stürmer freistellten.
Ein eigentlich schon als sicher geltender Wechsel zu den Eisbären Berlin wurde von Seiten der Hauptstädter gecancelt, Olsen ging in die ECHL zu den Tulsa Oilers - und kehrt nun von dort zurück an die Fulda. Mit noch 9 abzusitzenden Spielen.
Nun stellt sich die Frage, ob Ryan Olsen, der als Center mit deutschem Pass und im besten Eishockeyalter sicherlich rein sportlich betrachtet eine Bereicherung für den Kader der Huskies ist, das Risiko wert ist, das er mitbringt. Oder ob er es tatsächlich schafft, sich zumindest einigermaßen in Deutschland zu rehabilitieren.
Wir erinnern uns zurück an Corey Trivino, der ebenfalls mit einem „Rucksack“ voller Vorbelastungen nach Kassel kam und hier in keinster Weise negativ auffiel. Stattdessen dermaßen zum Publikumsliebling avancierte, dass er auch nach seinem Wechsel nach Regensburg immer noch begeistert von den Fans in der heimischen Arena empfangen wird. Kann Olsen einen ähnlichen Weg gehen?
Er wird es auf jeden Fall deutlich schwieriger haben. Nachdem nun erstmal der Club die Häme, das Unverständnis und die Abneigung gegenüber der Verpflichtung aushalten muss, wird Olsen spätestens bei seiner Rückkehr aufs Eis nicht nur unter ständiger Sonderbeobachtung der Fans und der Schiedsrichter (und auch dem Disziplinarausschuss) stehen. Er wird sicherlich auch von Spielern gegnerischer Teams auf die Probe gestellt werden. Und dann muss er beweisen, dass die zitierte Aussage von Joe Gibbs, Olsen hätte „seine Fehler aus der Vergangenheit anerkannt und er ist bereit, das Blatt zu wenden“ auch wahr ist.
Ich für meinen Teil bin hin- und hergerissen zwischen der Freude über den sportlichen Mehrwert seiner Verpflichtung und der Sorge über eine tickende Zeitbombe innerhalb des Teams. Trotz aller Verfehlungen hat Ryan Olsen meiner Meinung nach jetzt nochmal seine Chance verdient, dass Ruder nochmal rumzureißen. Es ist sicherlich nicht seine zweite oder dritte Chance, aber höchstwahrscheinlich die letzte.
Und wenn er es wirklich schafft, bis zum Ende der Saison „sauber“ zu bleiben und die Huskies vielleicht sogar zum Aufstieg zu schießen, dann hat er sich auch den Jubel der Fans verdient. Und das Management der Huskies ein Lob über diese Verpflichtung.
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